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zur Navigation Inhalt überspringen Bergwander- und Bergsteigerwoche Innichen - 27. Juni bis 5. Juli 1987

Die Freizeit in Innichen war unbeschreiblich schön!
Wieder war es für mich ein großes Erlebnis, im Fels zu klettern, Bergsteigen zu gehen und mich in der Gemeinschaft sehr wohl zu fühlen. Durch das Klettern im Fels kann ich die Bergwelt doch noch viel intensiver erleben, und das ist für mich doch ein sehr großes Geschenk.

Auch unsere Führungen waren sehr gut. Ich muß doch immer wieder mit Bewunderung feststellen, mit welcher Ruhe sie an die ganze Sache herangehen und wie viel Geduld sie auch aufbringen, bis wir dann am Gipfel sind.
Es ist einfach schön, daß es für uns möglich ist, mit Hilfe der Sehenden so etwas zu erleben. Ich finde, dafür kann ich Gott nicht genug danken!

Bei Toni und Marianne fühlte ich mich wieder sehr wohl. Am ersten Tag ging's gleich in den Klettergarten. Dort konnte ich dann noch mal üben, den Fels zu erklettern. Nur vor dem Abseilen war mir nicht ganz geheuer. Mit viel Überwindung hat es dann aber auch geklappt. Dann wollte der Franz uns lernen, wie man sich alleine abseilen kann. Das konnte ich mir irgendwie nicht vorstellen und so wartete ich bis zum Schluß. Die ganze Sache war mir doch recht unheimlich, denn ich dachte, wenn ich einen Fehler mache, dann liege ich vielleicht schon unten. Franz Huemer meinte schon, ich solle es dann lassen und so herunter gehen, doch da dachte ich mir, ich will und muß es einfach schaffen, und dann war es auch gar nicht so schlimm wie ich dachte!

Am Montag gingen wir dann zuerst auf den Roßkopf und ein Teil der Gruppe ging dann noch auf den Herrnstein. Ich war auch dabei. Wir mußten zwar viele Geröllfelder queren, aber irgendwie hab ich das gut geschafft. Auch das Wetter meinte es recht gut mit uns und so waren alle guter Dinge.

Für Dienstag war dann wieder eine Tour auf den Helm geplant, und zwar waren wir da wieder zum Sonnenaufgang hochgestiegen. Dieses Erlebnis war für mich sehr beeindruckend. Anschließend trafen wir dann die Gruppe, die nicht so früh aufstehen wollte, am Friedenskreuz und da schmeckte uns der mitgenommene Proviant recht gut. Beim Abstieg erklärten uns Rudi und Leonhard einiges aus der Pflanzenwelt, was ich auch sehr interessant fand.

Für Mittwoch war dann eine Tagestour auf die "Punta Fiames" - Richtung Cortina - vorgesehen. Rudi meinte, ich könne auch mit in den Klettersteig. Da war ich nun sehr gespannt, wie das nun werden würde. Der Aufstieg zu diesen Klettersteig führte uns wieder durch grobe Geröllfelder und es ging auch sehr steil hinauf. Doch nach vieler Mühe war auch das überwunden und nun ging's in den Klettersteig. Maria Schweighofer und Franz Huemer waren meine Begleiter und ich muß sagen, die beiden haben ihre Sache großartig gemacht. Es war einfach enorm, mit welcher Geduld und Ruhe sie mich hinaufdirigiert haben. Als wir dann auf dem Gipfel waren, blieb uns nicht lange Zeit, diesen Aufstieg zu genießen, denn ein Gewitter zog auf und da mußten wir möglichst schnell wieder ins Tal absteigen. Beim Abstieg führte mich Franz Hackl, der das erste Mal bei so einer Freizeit war. Er machte das auch sehr gut, und nach glaube ich 1 ½ Stunden waren wir völlig durchnäßt wieder bei den Autos. Aber die Hauptsache war ja, daß nichts passiert ist und alle wieder wohlbehalten unten ankamen.
Diese Tour war wohl der Höhepunkt der Innichen-Freizeit für mich, denn ich hätte niemals gedacht, daß so etwas für Blinde überhaupt möglich ist.

Am Donnerstag sind wir dann auf die Rotwandwiesen hinaufgewandert. Da die Bergschuhe ja völlig durchnäßt waren, gingen viele mit Turnschuhen, ich auch, aber ich muß sagen, das ist doch nicht das Wahre!

Freitag bestiegen wir dann die Schusterplatte. Das war auch ein großes Erlebnis für mich. Bei diesem Auf- und Abstieg mußten wir sehr viele Schneefelder kreuzen, und das war doch etwas schwierig. Aber mit viel Geduld schafften wir auch das. An diesem Tag konnten wir ein wenig am Gipfel verweilen, denn die Sonne schien, und so schmeckte mir die Jause recht gut. Der Abstieg war dann an manchen Stellen zwar ein wenig schwierig, doch Franz und Leonhard spannten an den gefährlichsten Stellen ein Seil und so kamen alle wohlbehalten wieder unten an. Das letzte Stück des Weges führte mich dann Franz Huemer. Ich finde es großartig, daß er nach seinem schweren Sturz im Vorjahr schon wieder so viel Kraft und Energie hat, mit uns diese Touren zu machen.

Für den Samstag war dann die Morgenkopfumrundung geplant. Das war auch eine sehr schöne Tour, wo ich dann noch mal über die wirklich schöne Zeit nachdenken konnte.

Einfach unbeschreiblich schön und ergreifend finde ich das Ganze. Ich muß feststellen, daß mir der Abschied von den Bergen in jedem Jahr schwerer fällt. Erholungsmäßig war diese Woche für mich, als wäre ich 4 Wochen irgendwo in Urlaub gewesen. In dieser Gemeinschaft und in den Bergen kann ich wirklich total abschalten und neue Kräfte für das Alltagsleben sammeln.

Ida Hölscher, BRD (blind)