Heft-Titelgrafik: Händereichen
Ich war ein Nichts, nur ein Häufchen Lehm, dem alle aus dem Weg gingen.
Sie wollten sich mit mir nicht schmutzig machen. "Dreck" hat man mich
genannt, und die Menschen fluchten, wenn ich ihnen unter die Schuhe geraten
war.
Eines Tages beugte sich jemand zu mir, nahm mich mit nach Hause, legte mich auf
die Töpferscheibe und begann sich mit mir zu beschäftigen. Er
faßte mich an, berührte mich zärtlich, drückte mich und
schenkte mir die Wärme seiner Hände. Dabei brachte er mich in
Bewegung und gab mir die Gestalt, von der ich niemals träumte.
Er verwandelte mich zu einer Schale. Er machte aus mir das, was ich selbst
nicht war. Seine Hände haben es möglich gemacht.
Linz, im Oktober 1998
Liebe Freunde!
Ist gut, wenn ich mir Eure Freizeitberichte vor diesem Grußwort an Euch
durchschaue. Da würde in meinem Brief so manche Freude doppelt und
vielfacher Dank dreifach ausgesprochen werden - wie Ihr dies für 1998 aus
Euren Erlebnissen miteinander bringt.
So danke ich Euch heute speziell für diese erfrischenden Berichte und
Erzählungen und ebenso sag ich gleich dazu meine Vorfreude auf das reiche
Angebot 1999.
Altbewährte Freizeiten und neue Wagnisse bis Frankreich und Holstein -
bravo!
Werdet Euch beim Lesen genauso darauf freuen!
Über mich selber dies: Im Rofanbericht steht's schon drinnen, daß
ich bei den Minitouren dabei war. Mein sonst so bewährter Hüftersatz
war wie die Wirbelsäule voriges Jahr total vereitert und mußte
herausgenommen werden. Eine neue Titanhüfte wurde nach der Desinfizierung
eingesetzt. Nach eineinhalb Jahren habe ich das Gefühl, daß der arge
Bazillus nicht mehr in mir "arbeitet". So kann ich jetzt nach vier
Monaten schon längere Strecken ohne Stockhilfe gehen.
In einer Eurer Schilderungen taucht diese befreiende Lebenserfahrung
auf-gebracht von zwei Jungen, die das erstemal dabei waren: "Wir erlebten
Schönes, das nicht aufgezwungen wurde! Wir hatten das Gefühl, wir
sind so wie wir oft gerne sein möchten." Junge Menschen auf der Suche
nach sich selbst und ihren tiefen inneren Werten erleben dies als
Lebensgeschenk, wenn sie hier "sein" können, denn gleichzeitig
werden andere reich durch sie. Und dies als genau der Mensch, der sie eben
sind. Das hat mich so richtig betroffen gemacht, wie mir eine 16-Jährige
bei einer Freizeit sagte: "Bei Euch kann ich wirklich die Gabi sein, die
ich bin. Das macht mich frei. Das trau ich mich so nicht einmal daheim, und bei
meinen Arbeitskollegen schon gar nicht."
Da sind wir wieder einmal gleichberechtigt, liebe Freunde, dieses
Sich-Auftun-Können beim anderen nicht nur zu ersehnen sondern selber
einzubringen. Wertvoll und gsund wird so eine Gemeinschaft immer neu, wo dies
erfahren wird. Gott sei Dank, daß solcher "Bio-Boden" immer neu
bereitet wird durch Dich, durch
Euch!
Ein kurzer Text erreichte uns zu Innichen im Herbst, der unser Miteinander, unser Sein-Dürfen und -Können zum Ausdruck bringt:
Gemeinsam unterwegs bei Schnee und Regen, Wind und Sonnenschein
freu'n wir uns an den Stimmen der Natur
ist Raum für Singen, Lachen, Weinen, einfach sein
dem Herrn in seiner Schöpfung wir können danken nur
Ein herzliches Danke allen, die mitgeholfen haben, daß unsere Freizeiten wieder als Wochen der Begegnung, der Freude und des Miteinander erlebt werden konnten!
Auf eine weitere gute Zusammenarbeit freut sichDieses Segensgebet haben wir bei einigen Wochen als Lied gesungen, vielleicht kann es uns ein Stück unseres Weges begleiten.
Ob wir in diesem anonymen indianischen Text manchmal auch unser Unterwegssein in diesem Geist spüren?
Bleibe an meiner Seite, auf meiner Wegstrecke, die ins Ungewisse führt
Bleibe an meiner Seite, bis ich selbst das Ziel erkennen kann
Du, mein Freund, bleibe an meiner Seite, bis ich morgen meinen Weg allein
gehe
Bleibe an meiner Seite, und ich werde übermorgen dich
begleiten
Einen, der Dir Dein Glück nicht neidet,
Dich über Schwellen trägt,
einen, der Dir Freude bereitet
und helle Spuren legt.
Einen, dem Du vertrauen kannst,
der Dich wortlos versteht,
einen, mit dem Du Gespenster bannst,
ehe Dein Mut vergeht.