Briefe, Gedichte und Sprüche 1982
Unsere Sehnsucht nach erfrischender Quelle
ÜBER ALLES GEISTIGE
UND INTELLEKTUELLE,
ÜBER PHILOSOPHIE UND
THEOLOGIE ERHABEN
IST DIE HILFSBEREITSCHAFT
VON MENSCH ZU MENSCH
- DIE AUFGABE,
BRUDER ZU SEIN.
ALBERT SCHWEITZER
Linz, Dezember 1982
Liebe Freunde
von unseren Blindenfreizeiten!
Viele bleibende Erlebnisse und Begegnungen sind uns wieder in unseren Freizeiten 1982 geschenkt worden. In den Kurzberichten können sie nicht aufscheinen, nur in unserer Schilderung über die Tandem- und Wanderfreizeit in Holland ist ein wenig davon enthalten.Nur ein Beispiel von der Bergwoche in Liechtenstein vom Strahlen, das uns alle begeistert und ansteckt, will ich in meinem Brief an Euch bringen: Da ist unsere Ida (Nichtsehend) aus den Ebenen von Münster in Westfahlen das erste Mal zu uns gekommen. Schon bei der ersten großen Gipfeltour auf den Augstenberg (2.300 m) ist sie eine frohe Bergwanderin geworden. Je weiter, je höher, dann wieder (manchmal im Laufschritt) die Serpentinen und Wiesen hinab - sie hat immer mehr bei allen Anstrengungen gestrahlt - ihr Strahlen bleibt.
Ich möchte Euch heute, liebe Freunde, auf eine große Aufgabe blicken lassen, die uns in den freien Ländern des Westens noch zu bewältigen bevorsteht, die immer dringender auf uns zukommt:Das Freizeitproblem wird immer größer. Wir erhalten immer mehr freie Zeit, oft wird sie uns aufgedrängt in der Arbeitslosigkeit, gerade unserer Jugend, aber auch unsere Älteren haben ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten.
Wie können wir diese unsere Zeit sinnvoll verwalten, sinnerfüllt gestalten? Schade, wenn gerade das eine leere, vertane Zeit w&re.Können wir uns freuen auf die freien Tage, Wochen, Monate, oder zerfliessen sie uns sinnleer wie Sand in den Fingern?
Sind wir dankbar für jeden gesunden Augenblick unseres Lebens, für jeden Augenblick unseres kurzen Erdendaseins?
Jeder muß da seinen Weg zur echten Selbstverwirklichung und vollen Menschwerdung, auch in seiner freien Zeit finden und diese dafür einsetzen - genau wie bei der Arbeit, ob als junger Mensch, mitten im Leben oder im höchsten Alter.
Welchen Beitrag geben wir von unserer nun schon internationalen Freizeitgemeinschaft? (Alle die uns schon seit vielen Jahren kennen, werden mir zustimmen, daß wir über die einzelnen Freizeiten hinaus eine bleibende Freizeitgemeinschaft geworden sind.) Aus unseren ersten Bergwochen mit Blinden sind bald Wander- und Schifreizeiten herausgewachsen mit Berücksichtigung der Wünsche, die uns begegnet sind. Nun haben wir auch eine Tandem-Freizeit - was kommt noch alles auf uns zu?Von unseren Freizeiten sind die reichen Wander- und Bergsteigerangebote der Lions in Reutte und unserer Kameradin Christel Beck (auch ihre Schifreizeiten) hervorgegangen. Die Wochenenden, die wir mit Freizeitkameraden verbringen, sind sehr zahlreich geworden. Diese werden unternommen von Linz, Wien oder von der schon bekannten unternehmungslustigen "Mao-Armee" in Graz (diese mehr für Jugendliche).
In Linz haben wir sogar den "Freinberger-Freizeit-Club", wo wir uns (meist mit Berufstätigen) zu einer Abendtour zusammentun - Blinde und Sehende. In unserem lebendigen Sportclub sind fast alle dabei - zwei Mal die Woche, sogar zum Volkstanzen und immer wieder viele Wochenenden (besonders auch zum Tandemfahren).
Ausserdem sind aus unseren Anregungen von Linz aus geworden die Freizeiten für Körperbehinderte (in diesem Sommer 3 für ganz Österreich durch P. Haschek) und für Gehörlose (4 - Wander- Berg- Surf- und Radfreizeiten durch Klaus Ortner). Auch die Schwimmfreizeiten von Wien und Bergwoche des Blindenapostolates Südtirol wurzeln in diesem Boden. Die guten Angebote, auf die wir Euch im Programm 1983 aufmerksam machen, dienen ebenfalls diesem Ziel: Sinnvolle Erfüllung unserer Zeit.
Was kann ich beitragen - so muß sich jeder von uns fragen. Wie viele von Euch zu Blinden und Führern Zugang finden, sie auf uns aufmerksam machen - das allein erklärt unser erstaunliches Wachsen. Dafür danke ich Euch. Nicht wenige von Euch arbeiten schon fördernd mit auf vielerlei Weise - ich danke Euch für diese Eure Mitverantwortung.
Meine Bitten an Euch sind:- Wer in seiner Umgebung Freizeitunternehmen aufbauen kann, speziell mit
Kameraden aus unserem Kreis, soll seine Möglichkeiten dazu
einbringen.
- Wer bei uns als Organisationsleiter einer Freizeit, geistlicher
Begleiter, in diesem Jahr einsteigen kann, melde dies bitte bei mir. Ich schaffe
nicht mehr alles allein!
Auch neue Plätze für Freizeiten zu erschließen sind immer wieder am Platz, wenn ich auch heuer 5 Angebote nicht mehr einbauen konnte! - Jeder soll bei der Freizeit ein Geschenk sein, ganz auf seine Weise sie mitgestalten und bereichern - in selbstloser Weise und sich darum nie ausnützerisch vorkommen.
Die Erfüllung unseres Motto's: "Freude und Kraft in erfrischender Natur und durch wertvolle Begegnungen in der Gemeinschaft" macht Deine Freizeit zu einem Geschenk für ein ganzes Jahr.
Noch dieser Gedanke als Abschluß: Können uns nicht gerade behinderte
Mitmenschen Wegweiser werden, wie sie zu einem erfüllten Leben kommen?
Wie kriegen sie es fertig, wertvolle Mitmenschen zu sein, frohe Menschen, ja,
oft sogar strahlende Menschen? Das muß uns doch zu denken geben.
Wo sind die tieferen Lebenswerte, die wir heute oft übersehen, die sie zu
ihrem Strahlen beseelen? Für Christus, unser bestes Lebensbeispiel, hat es
keinen mehr oder weniger wertvollen Lebensabschnitt gegeben - vom
Mutterschoß bis zum Sterben am Kreuz. Er erfüllte alles im Wissen um
den ewigen Lebensplan seines Vaters.
Aus dieser Adventzeit nun und aus der heiligen Weihnacht segne ich Euch, liebe
Freunde,
für ein wertvolles Jahr 1983 als gelungene Lebensstufe hin zu Eurem
höchsten Ziel und für eine herzerfrischende, frohe Freizeit auch
wieder mit uns
Euer
Bericht von unseren Freizeiten 1982
Von der Schifreizeit am Hochficht bis zu unserer Rätikon-Bergwoche war wieder viel erlebnisreiches in diesem Jahr bei unseren 8 Freizeiten, das ist es schwer, die Zusammenfassung nur auf ein paar Zeilen zu reduzieren.
Nur die Tandem- und Wanderfreizeit von Holland wollen wir hier ausführlich auch als "Musterbeispiel" bringen, weil sie das erste Mal stattgefunden hat. Zwar waren wir auch in Südtirol das erste Mal, es war eine prima Bergwoche, daß wir in den kommenden Jahren auch dorthin wieder zurückkehren wollen.
Die Teilnehmer der einzelnen Freizeiten erhalten einen ausführlichen Sonderbericht über ihre Freizeit. Wer sich ausserdem noch für einen oder mehrere Freizeitberichte interessiert, kann diese erhalten.
Wie wollt ich |
STILLE KRAFT
Still ist die Kraft, die in den Blumen blühtund, ungesehen oft, der Welt sich schenkt,
die in den Sonnen dieses Weltalls glüht
und die Gestirne ihre Bahnen lenkt,
die tief verborgen in den Keimen drängt,
im kleinsten Samenkorn zur Entfaltung treibt
und dann im Wachstum Hüll um Hülle sprengt,
bis sich der Wandlung letztes Ziel verleibt.
die, wandellos im Wandel, sich gewährt
und rings die Wunder dieser Welt vollbringt
und sich im Opfer an die Welt verzehrt.
O gnadenreiche, große, stille Kraft,
die allenthalben wirkt und, wie der Schöpfer will,
die Werke seiner Hände trägt und schafft,
durchflute mich und wirke stark und still!
aus: "Wer kann's ergründen?"
von Arno Pötzsch
"REIFE IST DIE VEREINIGUNG
ALLER GEGENSÄTZE
IN MIR"
Eine sicher verständliche Bitte und Einladung an Euch, liebe Freunde!
Wir sind vom Pastoralamt der Diözese Linz und in den letzten Jahren auch von der Raika Reutte bei den Druck- und Aussendungskosten unseres Freizeitheftes getragen worden.Es ist schon ein sehr hoher Betrag, der für die 900 Exemplare erforderlich ist. Wir können diese Summe von den beiden Stellen nicht selbstverständlich dafür erwarten.
Darum legen wir diesem Heft erstmals einen Erlagschein bei.
Wenn es Dir möglich ist und Du es gerne schenken willst, ist auch ein
Beitrag von Dir für unsere Blindenfreizeiten eine erfreuliche Mithilfe. Ich
danke Dir!
Der Gründungsplatz 1970, Lünersee, Rätikon