Erlebnisbericht von der Bergwoche im Rätikon - 31. 8. bis 8. 9. 1985
In diesem Jahr war mein Urlaubsziel, einmal die Bergwoche im Rätikon mitzuerleben. Schon von vielen hatte ich gehört, daß es dort viele schöne Berge zu erklimmen gibt und da war ich natürlich sehr gespannt, wie es mir dort gefallen würde.
Schwester Chelidonia verwöhnte uns mit leckeren Speisen, sodaß wir
immer gut gestärkt auf unsere Touren gehen konnten, und wenn wir von den
Bergtouren zurück waren, schmeckte uns das Essen immer sehr gut.
Gleich am ersten Nachmittag unternahm ich mit Martina, Holger und Gunter die
erste Tour. Wir gingen zur Bergstation des Schrägaufzuges. Es war ein sehr
schöner Aufstieg. Unterwegs entdeckte Martina einen Bach, und schnell
hatten wir Schuhe und Strümpfe ausgezogen und dann nahmen wir ein
Schlammbad in dem kleinen Bach. An der Bergstation machten wir eine kurze Rast
und dann gings wieder abwärts.
Unsere erste gemeinsame Tour machten wir auf den Golm, 2100
m. Der Aufstieg klappte recht gut und nachdem alle am
Gipfel angekommen waren, wünschten wir uns das "Bergheil".
Anschließend machten wir noch eine Höhenwanderung auf einige andere
Gipfel bis auf 2300 m Höhe. Auf dem Rückweg
lief ich dann mit Gerhard einen Grasberg hinunter, das machte auch einen
Riesenspaß.
Für den nächsten Tag war eine Tagestour geplant. Es ging zum Gasthaus
Platzek. Da wurden wir vom Geläute der Kuhglocken begleitet. In der
Almhütte machten wir Rast und verzehrten unseren mitgebrachten
Proviant.
An einem Abend spendierte uns Bergkamerad Toni Wein vom eigenen Weingut. Das
war wirklich ein guter Tropfen, und bei einem Gläschen ließ es sich
gemütlich plaudern.
An einem anderen Abend zeigte uns Maria Grimm aus Deutschland, wie man auf den
Berg Sinai steigt, und beim Kartenspiel verging die Zeit auch immer sehr
schnell. Einige Sehende versuchten, die Blindenschrift zu erlernen, was ihnen
auch recht gut gelang!
An einem Tag fuhr ich mit Martina, Monika und Holger nach Schruns. Dort gingen
wir ins Hallenbad und das Toben im Wasser machte mir auch viel Freude.
Auch bei dieser Bergwoche habe ich wieder viele nette Leute kennengelernt. Im nächsten Jahr werde ich wieder an einer oder zwei Bergwochen teilnehmen und schon jetzt freue ich mich auf schöne Bergtouren.
Ida Hölscher, BRD (blind)
Ich bin heuer zum zweiten Mal bei der Bergwoche im Rätikon dabeigewesen.
Die Bergfreizeit vom heurigen Sommer hat mir besonders gefallen, weil wir eine
kleine Gruppe (17 Bergkameraden) waren. Wir lernten uns untereinander sehr
rasch kennen und haben bald nette Kameradschaft geschlossen. Die gemeinsamen
Touren haben zum guten Gelingen der Woche genauso beigetragen wie die
täglichen Angebote zu Messe und Gebet.
Vor einigen Jahren wäre es für mich unvorstellbar gewesen, bei solche
einer Freizeit mitzumachen. Ich habe vorher noch nie mit sehbehinderten und
blinden Menschen zu tun gehabt und ich dachte mir vor meiner ersten Bergwoche,
daß ich Schwierigkeiten im Umgang mit ihnen haben würde. Doch es kam
ganz anders, als ich erwartet hatte. Nach jeder Bergwoche kam ich als reich
Beschenkte wieder heim. Ich hatte so viele schöne Erfahrungen gemacht, die
mich als Mensch verändert haben und die ich nie vergessen werde.
Ich möchte daher allen, die noch nie bei einer Bergwoche dabei waren Mut
machen, mitzufahren, damit auch sie ähnliche Erfahrungen auf einer
Blindenfreizeit machen können.
Maria Wenninger, Linz (sehend)
Leitung: Walter Schweinzer, GrazGeistliche Begleitung: Pfr. Gerhard Machata, Altaussee