Tandem- und Kulturwoche in Berlin vom 3. bis 11. Juni 1995
Berlin ist eine Reise wert.
Mit dem Auto, Flugzeug oder Zug aus Holland, Österreich und Deutschland, reisten wir nach Berlin, wo zum 3. Mal eine Tandem- und Kulturwoche stattfand. Für mich und all diejenigen, die zum ersten Mal nach der Wende diese schöne Stadt erleben durften, war dies eine besondere tiefbewegende Erfahrung.
Unser Quartier im Grunewald, das uns allein zur Verfügung stand, war
umgeben vom Duft der Linden, sowie von einem Vogelkonzert, wie man es selten
zu hören bekommt. Von West nach Ost und Ost nach West, erlebten wir die
schöne Stadt aus der Tandem-Perspektive. Die Freiheitsstatue, von den
Berlinern liebevoll die goldene Else genannt, durfte schmunzelnd auf einen
bunten Tandemwurm, bestehend aus 14 Tandems, die sich entlang der Straße
des 17. Juni durch das Brandenburger Tor in die Straße unter den Linden
fortbewegte, herabblicken.
Auch bei den Passanten hat dieser Tandemwurm großes Aufsehen erregt. So
meinte einer im Vorüberfahren, daß es wohl hier ein Nest geben
müsse. Holger Baasch führte uns zu einem Stück Restmauer, das
kunstvoll bemalt der Stadt als Souvenir erhalten blieb, vorbei. Anstatt der
ehemaligen Sperrzone neben der Mauer, ist nun ein wunderbarer Radweg angelegt
worden, der uns nach Schloß Babelsberg, Haus Cäcilienhof, Potsdam
und Sanssouci führte.
Unser besonderes Interesse galt den schönen Gärten von Haus
Cäcilienhof und Sanssouci. Ein Besuch der Messe des weltberühmten
Bläser- und Knabenchores der St. Hedwigs
Kathedrale, war uns ebenso zugänglich, wie ein Besuch im botanischen
Garten. Ein besonderes Erlebnis war die Besichtigung des Zoologischen Gartens,
wo uns eine Führung aus erster Hand angeboten wurde. Wir durften Tiere
streicheln vom Küken bis zum Elefanten, daß uns ein Schimpanse die
Hand gegeben hat, war für die meisten von uns sicherlich ein erstes
Erleben. Der Besuch des berühmten Pergamon Museums war ein anderer
Leckerbissen, den uns Holger Baasch in dieser Woche mit eingeflochten hat. Eine
zweistündige Stadtrundfahrt auf der Spree, war ebenso interessant, wie der
Bezirk Kreuzberg, mit dem berühmten Landwehrkanal und den schönen
frisch renovierten Häusern, die der Stadt einen besonderen Stempel
aufgedrückt haben.
Unsere sehenden Begleiter durften aus der Höhe des Funk- und Fernsehturmes,
Olympiaturm, Juliusturm, den Turm des Hugenottendomes und die Stadt aus der
Vogelperspektive betrachten.
Nicht zu vergessen, unsere schönen Fahrten entlang des Grunewaldsees, der
krummen Lanke, Schlachtensee und Wannsee sowie ein Besuch auf der Pfaueninsel
werden uns ewig in Erinnerung bleiben.
Bei so großen Radlergruppen, bleiben natürlich Pannen und Aufregungen
nicht aus. Die Tatsache, daß in der S-Bahn zwischen Potsdam und Wannsee
ein Fahrrad repariert wurde, wozu man eine ausgeliehene Fahrradpumpe
benötigte, bleibt eine amüsante Begebenheit. Unser aller Dank geht
an Franz Huis aus Holland, der eine große Hilfsbereitschaft an den Tag
legte, sei es um mit dem Auto Gepäckstücke oder Getränke zu
befördern, oder Räder zu reparieren. Stets war er der Retter in
der Not. Ohne die tatkräftige Unterstützung von Ursula Krause
u.a. hätte Holger Baasch diese Woche
nicht durchführen können. Beeindruckend war die Kameradschaft und
Einsatzbereitschaft unserer Piloten, ohne die für uns Blinde solche
unvergeßlichen Erlebnisse überhaupt nicht in Frage
kämen.