Zusatzinfos Wanderfreizeit im Fichtelgebirge vom 09. bis 15. Juni 2025
Bericht über die Blinden- und Sehbehinderten-Wanderfreizeit Pater Lutz im Fichtelgebirge (Bischofsgrün) vom 9. bis 14. Juni 2025
Vorab: Ich bin hochgradig sehbehindert - in unbekanntem Gelände aber eher blind - und es waren diesmal so viele TeilnehmerInnen, wie noch nie - nämlich 19!
Und für alle diese Menschen hatten die Organisatoren Horst und Waldi (beide selbst blind) für jeden der fünf Wandertage ehrenamtliche BegleiterInnen aus ihrem näheren örtlichen Umfeld motivieren können, die teilweise auf jahrelange treue Unterstützung dieser inklusiven Wanderwoche zurückblicken können - eine gigantische Leistung! Vielen lieben Dank hierfür!
Um die große Anzahl händeln zu können, wurden jeden Tag drei Gruppen gebildet: eine leichtere, eine mittlere und eine anspruchsvolle - oft waren aber die mittlere und die schwere Gruppe von den Anforderungen ähnlich, hatten jedoch unterschiedliche Wege und Ziele - so dass sich der große Haufen tagsüber gut entzerrt hat.
Lediglich abends in der gemütlichen Stube vom Gasthof Siebenstern war es natürlich voll und vor allem laut. Aber schon am zweiten Tag hatte ich das stolze Gefühl einer Lehrerin, die am Schuljahresanfang 30 neue Namen und Gesichter bzw. Stimmen lernen muss - und das auch ganz gut hinkriegt.
Hier also das Tourenprogramm der anspruchsvollen Gruppe, bei der ich mitgelaufen bin:
10.06.2025: Von Bischofsgrün (676 m) über
Ochsenkopf (1024 m, zweithöchster Gipfel des
Fichtelgebirges), Weissmainquelle (887 m) und retour,
Mittagspause im Café Specht in Fichtelberg (685
m); insgesamt 16,5 km
/ 550 HM (mit Hubertus und Arno)
Diese Wanderung war mit 20 km angekündigt
und ich habe die halbe Nacht davor überlegt, ob es wirklich schlau ist,
gleich am ersten Tag so eine "Gewalttour" zu machen - habe mich dann
aber morgens doch dafür entschieden und es auch nicht bereut!
Besonderheit: Ich bekam zwei Guides
zugeteilt, die das noch nie gemacht hatten, und es war ein Vergnügen mit
den beiden. Sie hatten eine dermaßen gute und angenehme Kommunikation und
Auffassungsgabe, was wieder mal gezeigt hat, dass es dafür keiner
großartigen Vorbildung bedarf außer Gehfreudigkeit, Offenheit
für neue Situationen und der Gabe zuhören zu können
bzw. zu fragen, wenn es nötig ist. Dem
einen hat es sogar so viel Spaß gemacht, dass er zusammen mit seinem Vater
im September zur Pater Lutz Zillertal-Wanderwoche kommt!
11.06.2025: Panoramarunde: Von Bischofsgrün, Mittagspause im Café
Ruckdäschel in Birnstengel; insgesamt 13 km
/ 210 HM (mit Werner)
Die kürzeste Tour von allen und die einzige, bei der mich ab der
Hälfte die Zehen in den Stiefeln gezwickt haben - wahrscheinlich eine
Sockenfalte - aber ich war natürlich zu faul, dem nachzuforschen. Gott sei
Dank keine Blase oder ähnliches.
An diesem Abend gab es eine sehr stimmungsvolle Andacht in der Wirtsstube unter
Mitwirkung der örtlichen Pfarrerin und Teilen des Flötenchors -
wirklich anrührend, wie auch die Jahre zuvor!
12.06.2025: Mit Auto von Bischofsgrün zum Gh.
Silberhaus an der B 303; von hier auf
schattigen Waldwegen und -steigen, vorbei an der Girlhöhle, über die
Hohe Matze (813 m); dort nach kurzer Kletterei am
schmalen Gipfelplateau trocknen wir den Schweiß, und Romy kann mit ihrem
Taschenmesser die Kreuzschlitzschraube am Schnellspanner meines Wanderstocks
festziehen, so dass er nicht dauernd selbstständig kleiner wird; nach dem
Abstieg weiter durch den Weiler Nagel, danach auf recht steilem Weg hoch zur
Kösseine (940 m); dort gemütliche Einkehr
und auf gleichem Weg zurück; insgesamt 16 km
/ 500 HM (mit Romy)
Die Kösseine ist der höchste Gipfel des sogenannten Felsenmeers der
Luisenburg - einem gewaltigen Granitzirkus mit vielerlei engen Wegen, Tunnels
und Stufen - es ist das größte Felsenmeer seiner Art in ganz
Europa!
13.06.2025: Mit Bus zum Fichtelsee (ca. 750
m) und vorbei am gleichnamigen Hotel auf teils
steilem Weg zum Nusshart (972 m) samt schmalem
Durchschlupf durch die Nussharthöhle und weitem Ausblick von der dahinter
liegenden Felsterrasse; danach Aufstieg zum Seehaus (922
m) mit Einkehr; schließlich auf bequemen
Waldwegen zum Gipfel des Schneebergs (1051 m)
(höchster Berg des Fichtelgebirges); hier Aussichtsturm und reiche
Blumenvegetation mit kleiner Rast; weil der Gipfelbereich bis zum Ende des
kalten Krieges militärisches Sperrgebiet war, gibt es hier viel
unberührte Natur und dankenswerterweise keinerlei Gastronomie; vom
Schneeberg leicht bergab zum felsigen Aussichtspunkt Haberstein (847
m); danach auf bequemem Weg über
Höhenklinik, Birnstengel und Kurpark zurück nach Bischofsgrün;
insgesamt 18 km / 600
HM (mit Franz)
Am Abend dieser doch recht anspruchsvollen Wanderung dachte ich schon, dass dies
die Königstour der Woche gewesen sei - aber es sollte tatsächlich noch
was oben drauf kommen ...
14.06.2025: Mit Bus nach Bad Berneck (ca.
400 m); von dort auf zauberhaften, schmalen Wegen in
stetigem Anstieg durch lichten Fichten- und Kiefernwald; am Ende auf einer
längeren Forststraße über den Weiler Grassemann nach Fleckl;
dort im Gh. Sonnblick ausgiebige Rast und Einkehr;
danach auf steilem Waldsteig neben der MTB-Piste, vorbei am Fürstenbrunnen
von der Nordseite her nochmal auf den Ochsenkopfgipfel; schließlich
südseitig über die Grasbuckel der Schipiste und zur Freude der
Kniegelenke zügig bergab bis zum unteren Ringweg; von da durch die
Unterführung vorbei an der Rodelbahntalstation zurück nach
Bischofsgrün; insgesamt 19,8 km / 731
HM (mit Elias)
Das war echt der Kracher! Vor allem weil es in der Spitze 29 Grad hatte! Gott
sei Dank viel im Wald - trotzdem floss das alkoholfreie Weizen in Strömen -
genau wie der Schweiß! Aber wie wir alle wissen: Schweiß ist
Schwäche, die den Körper verlässt!
Ja, das war es ...
Bliebe noch zu erwähnen, dass sowohl Unterkunft und herzliche Betreuung
durch das gesamte Team, und nicht zuletzt auch die Verpflegung keinerlei
Wünsche offen gelassen haben; so konnten wir abends aus 8 (!) leckeren
Gerichten, samt Suppe, Salat und Nachtisch wählen, und der Gasthof
Siebenstern besitzt eben auch den Charme einer traditionellen Wirtschaft mitten
im Dorf. Beim Abschied habe ich mich gleich für nächstes Jahr wieder
angemeldet!
Reinhard A., Marburg
PS: Wer es noch nicht weiß:
Infos über die Wanderfreizeiten Pater Lutz gibt es unter
www.Blindenfreizeiten.De
Zeitungsartikel im Kurier
Naturerlebnis auch für Sehbeeinträchtigte
Führungselemente aus Holz und Tafeln mit Brailleschrift machen den
Bischofsgrüner Walderlebnispfad zum blindengerechten Weg. -
Foto: Harald Judas
Inklusion auf Schritt und Tritt: Bischofsgrün wird zum Schauplatz einer Wanderung, die Barrieren überwindet und Sehbeeinträchtigten Naturerlebnisse ermöglicht.
Von Harald JudasBISCHOFSGRÜN. Der Walderlebnispfad in Bischofsgrün, ein familienfreundlicher Rundkurs am Hügelfelsen, wurde in den vergangenen drei Jahren Stück für Stück so umgestaltet, dass er auch von Sehbeeinträchtigten ohne Hilfe genutzt werden kann. Dazu wurde er um Führungselementen aus Holz sowie Tafeln mit Brailleschrift ergänzt. Außerdem gibt es eine Möglichkeit, mit der sehbeeinträchtigte Wanderer über den Kurs gelotst werden und alle nötigen Infos erhalten, die App "BFWSmartinfo". "Ein langes Projekt findet heute sein Ende", freute sich der Bischofsgrüner Revierförster Werner Schmidt nun bei der offiziellen Einweihung. Schmidt begrüßte besonders eine Gruppe sehbehinderter Wanderer, die derzeit eine Tourenwoche in Bischofsgrün durchführt. Wie alljährlich nach Pfingsten läuft derzeit zum 20. Mal eine spezielle Blindenfreizeit.
Dirk Lüder vom Amt für ländliche Entwicklung erläuterte bei der kleinen Feierstunde vor Ort, dass der Weg durch seine Behörde als Projekt für Erholungseinrichtungen auf Grundlage der Richtlinie als "besondere Gemeinwohlleistung" gefördert wurde. Der Forstbetrieb Fichtelberg, der neben der Gemeinde und dem Fichtelbergsverein hinter dem Projekt des Walderlebnispfads steht, hatte dazu den Antrag gestellt.
19250 Euro Förderung flossen - insgesamt 90 Prozent der Nettokosten. "Es entsteht Mehrwert für Waldbesucher, Behinderte und Bischofsgrün", fasste Lüder zusammen, warum das Projekt förderwürdig war. "Es ist ein Mehrwert", stellte auch Forstbetriebsleiter Winfried Pfahler von den Bayerischen Staatsforsten als Grundeigentümer fest. "Wir wollen aktiv mitgestalten", erklärte er zur Unterstützung durch die Staatsforsten.
Jeweils im Bereich der Stationen gibt es entlang des Wegs nun also ein Leitsystem aus Holz, während zwischen den Stationen der klar erkennbare Wegrand zur Orientierung reicht. Ganz davon abgesehen, dass die App die Wanderer leitet. Und an den einzelnen Stationen sind jeweils noch Braille-Informationen angebracht.
"Das macht viel Freude", sagte der selbst sehbeeinträchtigte Bischofsgrüner Horst Zinnert, der mit seiner Frau Waltraud die Idee zu dem Projekt hatte.
Bei einem Rundgang zeigte Revierförster Werner Schmidt dann auch auf, dass alle Stationen überarbeitet und einzelne ergänzt wurden. So gibt es jetzt im Baumartenhaus auch Scheiben von Eiche, Hainbuche, Feldahorn, Elsbeere und Linde, da sich die Baumarten im Wald verändern.
Und gedankt wurde an der Stelle auch den Bischofsgrüner Bürgern, die sich um die einzelnen Stationen kümmern.
Quelle: Kurier.De
Fotos einer Teilnehmerin
Horst mit Wanderern
Leittafel mit Braille
Gruppe