Der Weihnachtsnarr
Im Morgenlande lebte vor zweitausend Jahren ein junger Narr. Und wie jeder Narr sehnte er sich danach, weise zu werden.Er liebte die Sterne und wurde nicht müde, sie zu betrachten und über die Unendlichkeit des Himmels zu staunen.
Und so geschah es, dass in der gleichen Nacht nicht nur die Könige Kaspar, Melchior und Balthasar den neuen Stern entdeckten, sondern auch der Narr.
Der Stern ist heller als alle andern, dachte er, es ist ein Königsstern. Ein neuer Herrscher ist geboren. Ich will ihm meine Dienste anbieten, denn jeder König braucht auch einen Narren. Ich will mich aufmachen und ihn suchen. Der Stern wird mich führen.
Lange dachte er nach, was er dem König mitbringen könne. Aber außer der Narrenkappe, seinem Glockenspiel und seiner Blume besaß er nichts, was ihm lieb war.
So wanderte er davon, die Narrenkappe auf dem Kopf, das Glockenspiel in der einen und die Blume in der andern Hand.
In der ersten Nacht führte ihn der Stern zu einer Hütte. Dort begegnete er einem Kind, das gelähmt war. Es weinte, weil es nicht mit den andern Kindern spielen konnte.
Ach, dachte der Narr, ich will dem Kind meine Narrenkappe schenken.
Es braucht die Narrenkappe mehr als ein König.
Das Kind setzte sich die Narrenkappe auf den Kopf und lachte vor Freude.
Das war dem Narr Dank genug.
In der zweiten Nacht führte ihn der Stern zu einem Palast. Dort begegnete er einem Kind, das blind war. Es weinte, weil es nicht mit den andern Kindern spielen konnte.
Ach, dachte der Narr, ich will dem Kind mein Glockenspiel schenken.
Es braucht das Glockenspiel mehr als ein König.
Das Kind ließ das Glockenspiel ertönen und lachte vor Freude.
Das war dem Narr Dank genug.
In der dritten Nacht führte ihn der Stern zu einem Schloss. Dort begegnete er einem Kind, das taub war. Es weinte, weil es nicht mit den andern Kindern spielen konnte.
Ach, dachte der Narr, ich will dem Kind meine Blume schenken.
Es braucht die Blume mehr als ein König.
Das Kind betrachtete die Blume und lachte vor Freude.
Das war dem Narr Dank genug.
Nun bleibt mir nichts mehr, was ich dem neuen König mitbringen könnte. Es ist wohl besser, wenn ich umkehre.
Aber als der Narr zum Himmel emporschaute, stand der Stern still und leuchtete heller als sonst.
Da fand er den Weg zu einem Stall mitten auf dem Feld. Vor dem Stall begegnete er drei Königen und einer Schar Hirten. Auch sie suchten den neuen König.
Er lag in einer Krippe, war ein Kind, arm und bloß.
Maria, die eine frische Windel übers Stroh breiten wollte, schaute hilfesuchend um sich. Sie wusste nicht, wo sie das Kind hinlegen sollte.
Josef fütterte den Esel, und alle andern waren mit Geschenken beladen.
Die drei Könige mit Gold, Weihrauch und Myrrhe, die Hirten mit Wolle, Milch und Brot.
Nur der Narr stand da mit leeren Händen. Voll Vertrauen legte Maria das Kind auf seine Arme.
Er hatte den König gefunden, dem er in Zukunft dienen wollte.
Und er wusste auch, dass er seine Narrenkappe, sein Glockenspiel und seine Blume für dieses Kind hingegeben hatte, das ihm nun mit seinem Lächeln die Weisheit schenkte, nach der er sich sehnte.
von Max Bolliger im gleichnamigen Buch, Verlag bohem press
Nur eine Legende?
Eine frohe und gesegnete Weihnacht im Wissen, dass Gott Mensch, einer von uns, geworden ist, dass Er mitten unter uns und mit uns unterwegs ist!