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zur Navigation Inhalt überspringen Almrauschblüte im Tal der Almen in Hüttschlag im Nationalpark Hohe Tauern vom 18. bis 25. Juni 2016

Nachdem ich schon an einigen Bergwochen teilgenommen habe, wollte ich nun testen, ob die Wanderfreizeit in Hüttschlag wirklich so romantisch ist, wie es mir zuvor berichtet wurde.
Bereits im Zug und dank eines längeren Aufenthalts in St. Johann im Pongau lernte ich in lockerer Atmosphäre einige mir bis dato noch unbekannte, TeilnehmerInnen kennen und traf dort auch mir bereits bekannte Wanderfreunde an, was zusammen mit dem herzlichen Empfang des Hüttenwirtspaares Anna und Werner, das Hotel heißt Zum Hüttenwirt, und dem ersten Abend mit der Gruppe mich in dem Gefühl bestärkte, meine Entscheidung nicht bereuen zu müssen. Dieses Gefühl wurde die ganze Woche über nie enttäuscht.
Um halb acht in der Früh - wie herrlich für Langschläfer! - begann der Tag mit einer schönen Morgenandacht, woran sich ein reichhaltiges Frühstück anschloss. Meistens gegen 9 Uhr war Abmarsch oder Abfahrt. Bis auf Mittwoch leitete Werner die Wanderungen.
Viel Regen vor der Wanderwoche hatte zu Murenabgängen geführt und die vollsehenden TeilnehmerInnen waren zudem leider nicht in großer Überzahl, so dass wir meist auf Forstwegen wanderten. Insbesondere für die Anhänger der "coolen Steigerln" war der Genuss aber deshalb umso intensiver und die Freude groß, wenn es ins Gelände ging.
Unsere Wanderziele waren Almen, in denen ausgiebig eingekehrt wurde, und Werner bewies Geschmack bei deren Auswahl, denn die Almen waren gemütlich und das leibliche Wohl kam, ob Kasjausn oder Kaiserschmarrn, nicht zu kurz, wobei es freilich abends zu den kulinarischen Höhepunkten kam, denn Anna, Werner und ihr Team verwöhnten uns nach Leibeskräften und erfüllten uns auch sonst nach Möglichkeit jeden Wunsch.
Von Beginn an herrschte in der Gruppe gute Laune, und auch das Wetter passte sich dieser fröhlichen Stimmung im Laufe der Woche immer mehr an. Am Sonntag erlebte zumindest ich eine Premiere, nämlich ein mitternächtliches Treffen im Heizungskeller zwecks Schuhpflege, da es am Sonntag auf dem Rückweg sehr stark regnete. Ausgerechnet bei diesem Wetter zog sich die Gruppe weit auseinander und einige TeilnehmerInnen verliefen sich, was vor allem für zwei eh sehr emsige und wackere Wanderer einen sehr weiten Umweg bedeutete. Montags wurde aufgrund des Regens das Programm halbiert, und wir gingen zum Krapfenessen, so konnten wir auf wunderbare Weise für die nächsten Wanderungen Energie tanken.
Am Dienstag besuchte uns Christl und wanderte mit uns mit. Ein Musikerpaar begleitete uns und spielte auf der Alm mit Akkordeon und Ratsche stimmungsvoll auf. Eine Ratsche taugt neben der Geräuscherzeugung auch zum Training der Armmuskeln und schlägt womöglich bei falschem Gebrauch Menschen in die Flucht, denn beim Aufbruch vermissten wir eine Begleiterin, welche ohne ihren Mitwanderer Richtung Tal geeilt war.
Am Mittwoch führte uns eine strenge Bergführerin erst zu einer wunderschönen Kapelle, in der wir ein Marienlied erklingen ließen, das als Beitrag zur konfessionellen Integration ein Protestant vorschlug. Anschließend lehrte uns die Bedienung auf der Alm, dass nicht jeder "kölsche Jung" eine rheinische Frohnatur ist, die Sennerin war aber umso sympathischer.
Am Donnerstag stand eine Tour auf dem Programm mit der Variante, fast nur Steige zu gehen und mit einer besonderen Hüttenrast, nämlich auf riesigen, vielleicht extra für Paare angefertigten, Liegestühlen mit Schaffellen. Für mich war dies der Höhepunkt der Woche.
Leider hat uns Christl zwei Tage zu früh besucht, sonst hätte auch sie freitags die Ehre gehabt, an der Raggl-Alm vorbei auf dem Raggl-Steig zu wandern, welcher sehr schön war. Die Ziegen anschließend auf der Alm wurden sicher selten so gut gefüttert wie von uns.
Am Abschlussabend wurde gesungen, eine Teilnehmerin mit beneidenswertem Talent für Dichtkunst trug einen Wochenrückblick in Versform vor und samstags ging es nach einem gemütlichen Frühschoppen zurück in die Heimat.
Die Lage von Hüttschlag am Talschluss, die Wanderungen durch die wunderschöne Gegend, das Vorhandensein eines Hochzeitszimmers im Hotel, die Gaudi mit der Gruppe und vieles mehr ließen übrigens durchaus romantische Gefühle zu. Wer nicht unbedingt Höhenmeterrekorde aufstellen muss, gegenüber längeren Einkehrschwüngen nicht generell abgeneigt ist und trotz großer Sehnsucht dem Berggipfelglück gelegentlich entsagen kann, ist bei dieser Woche gut aufgehoben. Mir hat es mit Euch sehr gut gefallen. Habt eine gute Zeit und für die Wirts-Anna noch alles Gute für ihren Fuß, damit sie möglichst bald wieder schmerzfrei gehen und uns im nächsten Jahr auf eine Alm begleiten kann.
Wolfgang H., sehbehindert


Aus dem Pfarrbrief des Pfarrers von Mariapfarr:

... Im Juni 2015 war ich mit meinen Hunden auf meiner Hütte unterhalb der Reitalm. Plötzlich waren die Hunde weg und begrüßten eine Gruppe am Tor. Durch Werner erfuhr ich, dass ein Teil der Leute blind ist. Die Hunde zeigten ein eigentümlich vertrautes Verhalten, sie gingen mit zur Kapelle, wo sie warteten. Aus der Kapelle klang ein Marienlied, das mich tief berührte. Danach gab es ein ziemliches Durcheinander, die Hunde waren natürlich die Stars. Mich faszinierte, mich beeindruckte und mir blieb das Leuchten dieser Menschen in ihren Augen. ...