Wanderwoche im Schwarzwald - 1983
Liebe Wandergefährten!
Wie gut, daß wir zum Abschluß der Wanderwoche im
Schwarzwald noch eine Liste mit den Namen der Teilnehmer
bekommen haben; auf diese Weise können wir unser Beisammensein noch weiter
fortsetzen in der Erinnerung an die unvergeßlichen Tage in Schwarzwald.
Lebendig, als hätten wir eben erst Abschied voneinander genommen, seid Ihr
vor mir, ich höre Eure Stimme, Euer Lachen, Euer Singen, Euer Beten; und
die Wege Eures Lebens, die mir einige von Euch anvertraut haben, gehe ich in
Gedanken wieder mit Euch; daß sie wenigstens ein kleines Stückchen
weit auch mein Lebensweg waren, dafür danke ich Euch in Liebe und, ich kann
es nicht anders sagen, in Erfurcht.
Eben kam ich von einer Adventfeier mit den Blinden hier in Linz am 2.
Adventsonntag. Unser lieber P. Wilfried, der sie
sonst immer gestaltet hat, konnte diesmal nicht in unserer Mitte sein; aber er
hat uns von seinem Krankenbett aus, in dem er nun schon über 2 Monate
infolge eines Unfalls liegen muß, eine Grußbotschaft geschickt, die
mich sehr bewegte, daß ich Euch etwas davon mitteilen möchte.
P. Wilfried spricht darin
u.a. auch von den großen Sorgen und
Bedrängnissen, die uns nicht nur hier in Österreich, sondern
europaweit bewegen. Es ist so viel aus den Fugen geraten, ungut und unrecht
geworden, daß wir verzagen müßten, wenn, ja wenn es
Euch nicht gäbe; Euch, die Ihr Euer Leid, den Verlust des
Augenlichts, in einer Weise trägt, daß Ihr, wie
P. Wilfried schrieb, eine "lebendige
Opfergabe" für die Lösung aller Probleme, die uns so schwer
bewegen, seid.
"Nur den Betern kann es noch gelingen", sagt Reinhold Schneider in
einem Gedicht, das ein Ausweg aus unserer Zeitsituation zeigt. Und auch der
Heilige Vater setzt in jedem Land, das er besucht, auch jetzt bei uns in
Österreich wieder, seine große Hoffnung auf jene, die Leid tragen:
die ihr Leid mit dem Kreuz des Herrn verbunden haben und das Wichtigste tun, was
wir tun können und sollen: Mitzuwirken am Erlösungswerk Christi.
Dem hl. Kamillus war es ja in besonderer Weise
gegeben, in jedem Leidenden Christus zu sehen; davon ist auch unsere
Kamillianische Familie geprägt. Und gerade das ist es ja, was unsere Welt
so dringend braucht: unseren Erlöser. Durch Euch kommt er zu uns.
Bei dieser Grußbotschaft von P. Wilfried ist
mir klar geworden, warum ich mich in Eurer lieben Gesellschaft so ausgesprochen
glücklich gefühlt habe. Und indem P.
Wilfried von der Notwendigkeit sprach, daß unsere Gesellschaft durch
Chritus erneuert werden muß, ist mir klar geworden, auf welche Weise dies
geschieht: durch die "lebendigen Opfergaben", die Ihr seid. Ihr seid
das Fundament des neuen Europa; und es hat mich tief beeindruckt, daß
unser lieber P. Wilfried, der bisher so
hingebungsvoll bei den Wander- und Bergwochen mit den Teilnehmern aus ganz
Europa diesem Fundament gedient hat, nunmehr durch sein
schweres Leiden so wie Ihr selbst zu diesem Fundament geworden
ist.
Vergelt's Gott auch allen, die diese Wanderwochen im Schwarzwald zu einem Stück "Kultur der Liebe", von der unser Heiliger Vater immer wieder spricht, haben werden lassen; vor allem der Küche, sie fällt mir zuerst ein, weil das Essen so gut war; aber eigentlich müßte ich wohl zuerst die Leitung nennen; wie das alles so wunderbar funktioniert hat, ohne daß es auch nur die kleinste Reiberei gegeben hatte, daran hätte Johannes Paul II. seine helle Freude gehabt. Das war schon eine Hochform der "Kultur der Liebe".
Herzlichst Euer
Siegfried Dobretsberger