Briefe, Gedichte und Sprüche 1987
Liebe Freunde
So klingts z.B. von den Holland-Tandem-Tagen: "... wertvolle zwischenmenschliche Beziehungen, eindrucksvolle Erlebnisse, Riesenspaß, Windmühlen, Nordseeküste, Schweißtreibende Bergetappen, heitere und besonders innerliche Gespräche, ..." (Siehe Holland-Bericht in diesem Heft!)
Ja, dies ist von unseren Bergen zu Beginn und bis in die Ebenen der Tandemfreizeiten, bei den Schitagen und Wanderungen uns eigen geblieben: bei aller Freude und Anstrengung in der Natur und ihrer Eroberung- die Freude
- die Lebensbereicherung
- die Begegnung miteinander - die bleibt.
Durch das Beisammensein können, ja, miteinander sein müssen bei unseren Freizeiten von Sehenden und Blinden, daß wir unsere Ziele erreichen können, haben sich diese beiden Wege aufgetan:
Die Welten von Blinden und Sehenden begegnen sich, öffnen sich und erschließen einander in der Begegnung von Mensch zu Mensch. Seht wieder auf die Berichte in diesem Jahr und schaut auf Eure eigene Erfahrung und Beglückung. Da wachsen gesunde Freundschaften daraus zur tiefen Lebensbereicherung, im weiteren Zusammengehören. Es gibt diese Begegnungen, in denen Du den Wert Deines Lebens erfährst, wo Du den Reichtum erkennst, der Dir gegeben ist für den an Deiner Seite.Ausgezeichnet ist das, daß sich in jedem Alter, in jeder Berufsart gleichberechtigt dies vollzieht - da gibt es keine Einkommensgrenzen und keine weltanschaulichen Begrenzungen - da offenbart sich einfach: gelungenes Menschsein miteinander!
Der Beweis ist dafür - das Wachstum des kleinen Samenkorns auf der Wurzeralm auf den Almwiesen, den Felsen, in Wäldern - es ist einem Zirbenbaum vergleichbar geworden, der da von Jahr zu Jahr markanter wächst.Da ist der zweite Weg: Durch das enorme Wachstum unserer Gemeinschaft zu immer Neuen hin in vielen Ländern sind wir zur breitesten Straße geworden in der Begegnung von Sehenden mit Blinden. In den 27 Jahren meiner Tätigkeit als Blindenseelsorger, in meinem Einblick in Österreich und international in die Welt der Blinden habe ich da kaum Vergleichbares erlebt - was die Zahl der Begegnungen betrifft.
Das ist eine Berufung für die Gestaltung der Gesellschaft in der Welt von heute: über die Familie, Verwandtschaft, Bekanntschaften im Beruf oder Deiner Umwelt hinaus in Gemeinschaften zu gelangen, die ein Ziel haben und die Dich in Deinem Besten erreichen, fordern, erschließen. Diese Menschen bauen dann miteinander eine neue Welt, erbauen unsere Welt menschlich in ihre Zukunft.Ob es das Ergriffensein bis zu den Tränen dann ist, das junge Menschen erfaßt - daß sie beim Abschied wissen: Da komm' ich wieder, da gehör' ich dazu - es ist eine Verpflichtung für uns, so weiterzubauen. Da darf ich Dir die Verantwortung nahebringen: Wenn Du so einmal als Beschenkter und Beschenkender bei uns dabei warst, wie die Wege Dich auch weitergeführt haben im persönlichen Leben: Schau wieder zu uns herein!
Mich hat mein persönlicher Weg nun in der Erfüllung meiner Berufung als Kamillianerpriester von Linz auch nach Steyr geführt.96 Stunden die Woche bin ich im Krankenhaus Steyr zur Verfügung, 48 Stunden gehören nun gezielt für die Blindenaufgaben und 24 Stunden bin ich doch meiner Gemeinschaft in Losensteinleiten nahe.
Ich darf danken für mein erfülltes Priesterleben und Kamillianerwirken!
Darum kann ich im Winter und Sommer wohl von den 48 Stunden etwas abzweigen für ein Dabeisein bei den betreffenden Freizeiten.Ich freu mich darauf! Ja, ich freu mich auf ein Wiedersehn wiedereinmal mit Dir!
Euer
Dies ist vorläufig provisorisch. Wenn Ihr Vorschläge habt, wie wir das charakteristische unserer Freizeitgemeinschaft noch geeigneter kennzeichnen können, dann sind uns diese willkommen. Für nächstes Jahr hätten wir uns dann gerne festgelegt.
Die Zwischentexte sind entnommen aus dem Buch "Mehr als drei Wünsche" von Jörg Zink © Kreuz Verlag, Stuttgart 1983 (Seiten 9, 13, 17, 18, 27, 32, 34 und 36).
ANTEIL NEHMEN wir, liebe Kameraden, am Abschied von unserem Freund WALTER GRIESL (46 Jahre - blind)
Durch seine Zuckerkrankheit hatte er sehr viel durchzumachen, seit wir ihn 1974 kennengelernt haben. Er war oft bei uns dabei - besonders zuerst in seinen geliebten Bergen - immer so richtig beschenkend und ansteckend in seiner Lebensfreude. Sein Singen wird nun in uns weiterklingen - ja, dankbar bleiben wir für die Begegnung mit ihm.
Bleibende, herrliche Lebensfreude erfülle Dich nun, lieber Walter, und das ewig bleibende Licht in der Anschauung Gottes sei Dir geschenkt. Bleib uns zur Seite!Unsere ANNA MÜLLER (blind) ist sehr tapfer.
Seit ihrem 2. Schlaganfall (Nov. 87) muß sie immer liegen und ist linksseitig gelähmt. Mit Sprechen geht's ihr wider Erwarten Gott sei Dank gut. Sie ist bei einer sehr lieben Familie in der Nähe von Graz.
18 mal waren ihr Freizeiten mit uns geschenkt bis auf die Bergeshöhn. Das Zusammensein beim Gipfelkreuz am Golmerjoch (2242 m) - sogar einmal durch sie angestiftet um 3 Uhr früh - werden wir nicht vergessen. Sie hat viele Freunde bei uns kennengelernt.
Einmal ein Kartengruß wäre eine große Freude für sie! Die Kinder der Familie lesen es gerne vor.
8504 Preding
Wir grüßen Dich alle auf diesem Wege, liebe Anna!
Sei stark, wir bleiben Dir treu!
Wünschen möchte ich dir, daß du leben darfst und im Licht stehen, auch wenn es Winter wird.
Denn die Jahreszeiten |
Auch der Glaube braucht Zeiten, daß du auch das Eis des Winters erlebst als eine Herrlichkeit von Gott. |
der schönste Baum bist,
der auf dieser Erde steht.
Nicht,
daß du jahraus, jahrein
leuchtest von Blüten
an jedem Zweig.
Aber daß dann und wann
an irgendeinem Ast
eine Blüte aufbricht,
daß dann und wann
etwas Schönes gelingt,
irgendwann
ein Wort der Liebe
ein Herz findet,
das wünsche ich dir.
Was ich dir wünsche? Nicht, daß du so groß wirst wie ein Baum, so stark oder so reglos. Aber daß du hin und wieder nach oben schaust, wo die Kronen sind und der Himmel. Daß du stehenbleibst und nicht immer weiter rennst. Daß du stehen lernst und wachsen wie ein Baum. Denn du bist nicht am Ziel. Du hast die Kraft in dir, die auch im Baum ist: die Kraft zu wachsen. Du bist noch zu etwas berufen. Bleib stehen. Schau nach oben und fühle die Kraft aus Gott die wachsen will in dir. |
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Ich wünsche dir nicht ein Leben ohne Mühe und ohne Herausforderung. Aber ich wünsche dir, daß deine Arbeit nicht ins Leere geht. Ich wünsche dir die Kraft der Hände und des Herzens. |
Und ich wünsche dir, mit einem alten Wort wünsche ich es, dem Wort »Segen«: daß hinter deinem Pflug Frucht wächst, Brot für Leib und Seele, und daß zwischen den Halmen die Blumen nicht fehlen. |
Was ich dir wünsche? Nicht,daß du dein Leben verbringen sollst unberührt von den Menschen, irgendwo in der Stille an einem See, als wären alle Tage Ferien.
Aber ich wünsche dir, daß du absehen lernst von deiner eigenen Kraft und stehen, zart und biegsam wie ein Wollgras, das in dem Seegrund Halt hat, in dem es steht. |
Ich wünsche dir nicht
Aber das wünsche ich dir, was nicht gedeihen konnte, gelten darf und auch das Knorrige und das Unfertige an dir und deinem Werk in der Gnade Gottes Schutz finden. |
Ich wünsche dir nicht, daß du »frei« bist und ohne Menschen allein in einem fernen, weiten Land, wo noch Raum ist. Auch wenn du dich dann und wann danach sehnen magst. |
Ich wünsche dir Freunde, daß du Halt findest wie ein Efeu, an einem festen Stamm, und die Kraft hast, ein Stamm zu sein für die, die du tragen sollst. |
Hin und wieder eine Stunde wünsche ich dir, in der du den Reichtum erkennst, der dir gegeben ist. |
Die Zwischentexte sind entnommen aus dem Buch "Mehr als drei Wünsche" von Jörg Zink © Kreuz Verlag, Stuttgart 1983 (Seiten 9, 13, 17, 18, 27, 32, 34 und 36).
Kleine Historie: Unsere Freizeitplätze von 1971 bis 1988