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zur Navigation Inhalt überspringen Briefe, Gedichte und Sprüche 1993

Heft-Titelgrafik: oben links zwei Tandemfahrer; oben rechts ein Bergsteiger; unten links Schwimmen im See; unten rechts eine führt einen anderen
Heft-Titelgrafik:
oben links zwei Tandemfahrer;
oben rechts ein Bergsteiger;
unten links Schwimmen im See;
unten rechts eine führt einen anderen

s/w-Grafik: Blätterornament (links) s/w-Grafik: Blätterornament (rechts)

Liebe Freizeit-Freunde,
liebe Freunde unserer Blindenfreizeiten!


Freude und Dank hört Ihr wieder heraus aus den Berichten über das Erleben der Freizeiten in diesem Jahr. Darum will ich in meinem Brief nicht ausführlicher darauf eingehen. Aber ich danke jedem herzlich für seinen Beitrag.

Liebe Leiter unserer Freizeiten, freudig, sicher und mit großer Verantwortung habt Ihr Euren Auftrag mit uns wieder erfüllt. Das Echo darauf, das Ihr schon persönlich erhalten habt und das in den Schilderungen hier im Heft aufklingt, ist wohl der beste Dank für Euch.

In meinem Briefbeitrag möchte ich hinblicken auf die Eigenart unserer Touren - äußerlich und innerlich.

Zu einem doppelten Erstaunen und Erfreuen führen uns die Touren miteinander in Natur und Gemeinschaft. Freilich ist immer neu dabei das Erstaunen über das sichere Gelingen unserer Touren bis hinauf auf die Berggipfel, das Erobern der noch gesunden Natur beim Wandern, Schilaufen und Tandemfahren. Das ist ein notwendiges Aufatmen für uns und Erfrischtwerden in dem oft so ungesunden Eingespannt-sein unseres Lebens heutzutage. Diese Weise der Erholung bleibt immer ein Ziel unserer Touren.

Wir erhalten es aber bald, wie etwas noch anderes zu uns herein findet, was zu unserer ganzen menschlichen Erholung notwendig und tauglich ist und den Menschen ganz erreicht.

In kalter Nacht schon sind wir aufgebrochen, damals, hinauf über den felsigen Rücken auf die Rote Wand (1800 m). Wir haben gestaunt über das Morgenerwachen und das Berührtwerden von der aufgehenden Sonne hat uns erfreut. Wie wir bei einem kleinen Imbiß am Gipfel zusammensaßen, fragte ich Rosi (blind), was sie diesmal am meisten gefreut hat. Da sagte sie spontan: "Eure Freude!" In dem Aufstrahlen von Gerti (späterblindet) bei ihrem Beglücktsein über das Erleben ihres ersten Klettersteig-Sieges in den Dolomiten und die Freude ihres Führers und aller anderen Kameraden, da leuchtet dies ebenfalls auf, wohin wir unterwegs sein wollen.

Eine ältere Frau hat mir gesagt: "Ich habe die Freude in meinem Leben bewahrt, weil ich mich freue über die kleinen Dinge im täglichen Leben. Am meisten freut mich, wenn andere sich freuen". Herr P. (mit 54 Jahren erblindet) sagt: "Mein Licht ist die Freude". In diese Landschaft, in dieses Licht führen uns unsere Touren im Zusammensein von Mensch zu Mensch, in unserem Unterwegssein zu den Zielen unserer Freizeiten.

Einer sagte es so: "Blinde brechen auf, Sehende gehen auf sie zu, so geht es miteinander weiter, hin zum gemeinsamen Erleben der Freude. Ich vergesse das Strahlen der Blinden nicht mehr". Dieses Aufstrahlen eines Menschen durch die Freude mit dem anderen, gibt mir Vertrauen und Verpflichtung, Verheißung und Auftrag, denn dies überzeugt jeden, der solches erleben kann mit einem Menschen an seiner Seite, den er dazu führen konnte, oder der ihn dazu geführt hat. Meint Ihr nicht auch, daß dies die eigentliche Freude ist, die uns immer wieder für unser Freizeiterleben "auf Touren" bringt!?

"Lust auf Zukunft - Lust auf Europa" - so hab ich eben bei einer Werbung gelesen. Ich erhalte Luft für eine Ermutigung des menschlichen Gelingens unseres Lebens auf dem Planeten Erde, wenn Menschen darüber selig sind, daß das Leben von dem gelingt, der ihnen zur Seite ist. Wie soll dies gelingen? Wenn's bei unserer eigenen Menschwerdung beginnt, ist es ein Schritt der Menschheit zu diesem lebenswichtigen, wohl lebensentscheidenden Ziel heute und unserer menschlichen Zukunft. Aufgefrischt durch das Erleben bei Deiner Freizeit, daß dies gelingen kann und gelungen ist, bleiben wir auf Tour! In der Vorfreude über das reiche Angebot dafür 1994 grüßt Euch Euer

Pater Wilfried

Schriftzug: "Herzlich willkommen" und s/w-Grafik: Buschwindröschen

TRÄUME

s/w-Grafik: Maus telefoniert am Schreibtisch "Es gibt viele Arten zu träumen. Es gibt das Träumen als Flucht vor dem Leben, und es gibt das Gegenteil: das Träumen als kreative und visionäre Lebensbewältigung. Träumen ist eine lebensnotwendige Tätigkeit. Der Träumende ist der Hoffende, der sich nicht zufrieden gibt mit den Zuständen, der sich sein Leben nicht diktieren läßt von den Gegebenheiten, sondern nach Wegen und Möglichkeiten sucht, die Zustände zu verändern, zu verbessern. Zu träumen heißt, von einer inneren Sicht her zu leben, die aus einem Glauben an das Leben entsteht. Zu träumen heißt, das Leben noch offen zu sehen, nicht schon vorbestimmt, verschlossen, vorhersagbar. Zu träumen heißt, innere Kräfte zu mobilisieren. Im Träumen bleiben wir der erneuernden Kraft des Lebens nah. Träumen heißt, das eigene Leben in der Hand zu behalten und es bunt zu gestalten."

Diese Worte von Ulrich Schaffer aus dem Buch "ich träume" haben mich dazu verleitet, Ulrich Schaffers hoffnungsvolle Worte als Leitgedanken wie einen roten Faden durch unser heuriges Heft laufen zu lassen. Träume sind nicht Schäume, wie ein Sprichwort behauptet, und Träumer sind nicht lebensferne Schwächlinge, sondern kreativ denkende und lebende Menschen, die auf dem bestem Wege sind unsere Welt zu verändern.

"Glücklich sind die, die träumen - und die bereit sind, den Preis dafür zu zahlen, sie auch zu verwirklichen" (Kardinal Suenens).

Ich lade Euch ein, mit mir zu träumen!

Josefine Troyer

s/w-Grafik: Träumer mit Büchern auf Blumenwiese

Glaube nicht, die Last auf Deinen Schultern wird Dir zu schwer,
glaube nicht, Du wärst zu schwach,
die Lasten anderer noch mitzutragen
Du wirst Dich wundern ob Deiner Kraft,
Du wirst Dich wundern wie stark Du bist
trotz Deiner Schwäche.

(aus "Pflücke den Tag")


Ich träume davon,
daß die Rüstungsgelder der
Nationen in die Beseitigung von
Armut und verhinderbaren
Krankheiten auf der ganzen Welt
gesteckt werden.
Ich träume davon,
daß Waffen überflüssig sind,
weil wir das Lieben gelernt haben.


Es genügt nicht,
über die Dunkelheit zu klagen.
Es ist nötig, ein Licht zu sein.
Es genügt nicht,
auf die anderen zu warten;
jeder von uns ist aufgerufen,
den ersten Schritt zu wagen,
echter und menschlicher zu werden.
ES IST NICHT GENUG
NUR ZU TRÄUMEN,
WENN DAS LEBEN UNS
DIE MÖGLICHKEITEN BIETET,
UNSERE TRÄUME
ZU VERWIRKLICHEN.

s/w-Grafik: Silberdisteln

Ich träume, weil ich glaube,
daß in mir Schätze liegen,
an die ich gelangen möchte,
um sie zu heben.
Ich trage in mir ein Stück der Lösung
der vielen Probleme der Welt.
Vielleicht bin ich das Wort, das Bild,
das Lächeln, der Gedanke,
auf den jemand wartet.
Ich werde gebraucht mit meinem Traum,
den sonst niemand träumen kann.


Ich träume
von einer Zeit, in der wir keine Drogen
mehr brauchen, um "high" zu sein.
Daß wir uns am Leben selbst so
freuen können, daß wir keine
künstlichen Hilfsmittel mehr
wünschen, weil wir die Kleinigkeiten
wieder neu entdecken und sie sich
auftun wie Schätze und Geheimnisse,
die wir vernachlässigt haben.


Ich träume,
daß wir stärker denn je mit dem
Herzen sehen lernen und so unsere
Blindheit füreinander überwinden.


Zu träumen heißt:
die bekannten Rahmen zu sprengen,
das Unmögliche zu denken und sich
für seine Verwirklichung einzusetzen.
Zu träumen heißt:
Wege durch unwegsames Gelände zu
bahnen, Straßen zu bauen für den
Verkehr mit Lebensgütern:
Mit Hoffnung, Liebe und Glauben.


Ich träume davon,
daß wir nicht mehr eine erste,
zweite, dritte und vierte Welt haben,
sondern nur noch eine
Welt.
Daß wir verstehen und fühlen,
daß dieses kleine Raumschiff Erde
unser aller Heimat ist,
die es liebend zu erhalten und
zu pflegen gilt.


Ich träume meine eigene Zukunft.
Ich lasse meinen Gedanken nicht
einfach freien Lauf, sondern, wie
ein Bildhauer, bilde ich Form um
Form und befreie den Menschen,
der ich sein kann, aus dem Stück
Fels.
Ich stelle mir vor, wie ich sein will.
Und dann, in einer verwegenen
Bewegung, hole ich die Zukunft in
die Gegenwart.
Zielstrebig lebe ich auf das zu,
was ich geträumt habe.
Ich mache meine Träume wahr,
weil ich am Ende meines Lebens
nicht sagen will: "Hätte ich
doch..."


ICH WÜNSCHE DIR ZEIT

ICH WÜNSCHE DIR NICHT ALLE MÖGLICHEN GABEN.
ICH WÜNSCHE DIR NUR, WAS DIE MEISTEN NICHT HABEN:
ICH WÜNSCHE DIR ZEIT, DICH ZU FREUN UND ZU LACHEN,
UND WENN DU SIE NÜTZT, KANNST DU ETWAS DRAUS MACHEN.

ICH WÜNSCHE DIR ZEIT FÜR DEIN TUN UND DEIN DENKEN,
NICHT NUR FÜR DICH SELBST, SONDERN AUCH ZUM VERSCHENKEN.
ICH WÜNSCHE DIR ZEIT - NICHT ZUM HASTEN UND RENNEN,
SONDERN DIE ZEIT ZUM ZUFRIEDENSEINKÖNNEN.

ICH WÜNSCHE DIR ZEIT - NICHT NUR SO ZUM VERTREIBEN.
ICH WÜNSCHE, SIE MÖGE DIR ÜBRIG BLEIBEN
ALS ZEIT FÜR DAS STAUNEN UND ZEIT FÜR VERTRAUN,
ANSTATT NACH DER ZEIT AUF DER UHR NUR ZU SCHAUN.

ICH WÜNSCHE DIR ZEIT, NACH DEN STERNEN ZU GREIFEN,
UND ZEIT, UM ZU WACHSEN, DAS HEISST, UM ZU REIFEN.
ICH WÜNSCHE DIR ZEIT, NEU ZU HOFFEN, ZU LIEBEN.
ES HAT KEINEN SINN, DIESE ZEIT ZU VERSCHIEBEN.

ICH WÜNSCHE DIR ZEIT, ZU DIR SELBER ZU FINDEN,
JEDEN TAG, JEDE STUNDE ALS GLÜCK ZU EMPFINDEN.
ICH WÜNSCHE DIR ZEIT, AUCH UM SCHULD ZU VERGEBEN.
ICH WÜNSCHE DIR: ZEIT ZU HABEN ZUM LEBEN!

ELLI MICHLER
Aus: Elli Michler, Dir zugedacht, Wunschgedichte,
© Don Bosco Verlag, München, 20. Auflage 2010,
Internet: Archiv-fremde Internet-Seite in neuem Fensterwww.ElliMichler.De


Ein gutes Jahr 1994 wünschen Euch
alle Verantwortlichen der Blindenfreizeiten