Briefe, Gedichte und Sprüche 1994
Heft-Titelgrafik:
oben links zwei Tandemfahrer;
oben rechts ein Bergsteiger;
unten links Schwimmen im See;
unten rechts eine führt einen anderen
Liebe Freunde unserer Blindenfreizeiten!
In frohem
Dank komme ich zu Euch, für alle Gemeinschaft wieder in diesem Jahr.
Für alles Wandern, Bergsteigen, Schilanglaufen und Tandemfahren, für
alle, die dabei waren, alle, die uns im Guten gefordert haben, für alle
Verantwortlichen möchte ich von Herzen danken. Besonders aber auch für
alles stille Bemühen im Kleinsten, das zum Gelingen wieder beigetragen
hat. Mit allen Berichten von den Freizeiten kommt wieder Erfrischendes, Erfreuendes zu uns herein in dieses Heft und zu Euch daheim - auch zu denen, die diesmal nicht dabei sein konnten. Durch Josefine, die uns dies alles bearbeitet und schreibt, begleitet uns in diesem Heft die Spur zur Hoffnung mit den Gedanken und Worten aus dem Buch "ich hoffe ..." von Ulrich Schaffer. Finden wir in dem Chaos auf dem Planeten Erde, in all der Weltzerstörung durch grausige Unmenschlichkeit eine Spur, die uns noch zur Hoffnung führt? Finden wir in unserem Herzen eine Spur aus unserer Lebenserfahrung, die uns noch zur Hoffnung bringt, die in "Trotz alldem" in uns immer wieder Hoffnung weckt? In dieser Besinnung mit Dir in meinem Brief möchte ich eine Spur aufnehmen, die mir in der Gemeinschaft mit Euch begegnet.
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Ein junger Mann sagt mir, wie ich ihn danach frage, was ihm Hoffnung gibt: "Ich habe in meinem Leben Zuversicht erhalten durch Menschen, die mit mir gehen, die zu mir stehen und mich verstehen, auch in all meinem Ungenügen, mit denen ich weitergehen kann, weil sie mir zeigen, dass ich ihnen wertvoll bin. Dies gibt mir Selbstsicherheit, das gibt mir Vertrauen in meine Zukunft." Ja, ich bin davon überzeugt, dass dies Wort stimmt: "Viele kleine Leute, die an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern" (aus Afrika).Wir wissen aus unserem Erleben von kleinen Schritten beim Bergsteigen, welch unglaubliche, eigentlich unvorstellbare Ziele uns da als Gipfel schon geschenkt wurden und jedes Mal neu geschenkt werden. Von solchen kleinen Schritten zueinander, miteinander ist keiner ausgeschlossen. Die kriegt jeder hin - bei aller Aufmerksamkeit auch im täglichen Leben. Haben wir nicht dann ein Aufatmen dabei erleben dürfen?Diesen Lebenskeim der Hoffnung in Deinem Herzen, jeden Tag neu in Deinem Wertvollwerden in kleinen Dingen für Menschen an Deiner Seite wünsche ich Dir herzlich Dein Pater Wilfried |
Hoffnung
Aufgrund
des vielfältigen Echos zum roten Faden im Heft 1994 habe ich mir auch heuer
wieder Gedanken über einen Leitfaden gemacht. Viele sind meiner Einladung
zum Träumen gefolgt, und so lade ich Euch heuer ein, mit mir zu hoffen. Die HOFFNUNG ist der erste Schritt zur Verwirklichung unserer Träume, die wichtigste Aktivität am Beginn eines neuen Denkens, eines neuen Weges. Auch wenn wir das Ziel klar vor Augen haben, ist die Hoffnung, es auch zu erreichen, nicht immer leicht. | HOFFNUNG ist einfach, wenn das Leben rosig ist, wenn es
aufwärts geht mit uns, kann aber ganz schön schwierig werden, wenn es
dunkel wird um uns, wenn die Orientierung fehlt, wenn es abwärts geht. Ich wünsche uns allen, dass wir die HOFFNUNG am Leben halten können, auch wenn wir "down" sind. Pflegen wir das Pflänzchen HOFFNUNG, auf dass es gedeiht und halten wir "Ableger" bereit, falls es einem Mitmenschen einmal verloren geht. Josefine
Troyer |
Die nun im Heft folgenden Gedanken über die Hoffnung sind der Broschüre "ich hoffe ..." von Ulrich Schaffer entnommen, Fotokunst-Verlag Groh, München
damit wir diesen Planeten
nicht zu einer Schutthalde machen,
sondern mit ihm wieder behutsamer umgehen.
Ich hoffe, dass ich begreife,
wie ich meinen Beitrag dazu leisten kann.
Ich hoffe, dass wir eine Vision entwickeln
und auf lange Sicht planen,
um die Welt nicht nur auszubeuten,
weil wir nicht weiter als "heute" denken.
Ich will mich selbst als Glied einer langen Kette
nach rückwärts und vorwärts
verstehen.
Ich hoffe, dass es uns gelingt,
immer mehr Menschen einzuschließen
und immer weniger auszuschließen.
Ich hoffe, dass wir Menschen nicht mehr danach beurteilen,
wie sie aussehen, welche Sprache sie sprechen
oder was sie glauben,
sondern, dass wir den Mut haben,
einander unser Herz zu zeigen,
um einander dadurch liebenzulernen.
Ich will die kleinen Schritte der Hoffnung gehen,
die sich mir jeden Tag anbieten:
bei meiner Arbeit, in der Nachbarschaft,
in den Bewegungen, die ich mache,
in meinen Blicken,
mit diesem Telefonat oder jenem Brief.
Ich hoffe auf gelbes Korn, rote Früchte,
blaue Flüsse, lebendige Tiere, erfrischende Luft.
Ich hoffe auf ein grünes Bewusstsein
und das Eingebettetsein des Menschen
in die Zusammenhänge blühenden
Lebens.
Ich will nicht nur mit dem Kopf hoffen,
nicht nur mit Theorien und Worten,
ich will nicht nur Sprüche machen,
ohne an sie zu glauben und nach ihnen zu leben,
sondern ich will mein Wesen einsetzen
für diesen Weg.
Ich hoffe,
dass wir Wege finden,
die Lebensmittel der Welt gerechter zu verteilen,
so dass unser Reichtum
Hoffnung für die Hungernden auslöst
und nicht Enttäuschung.
Und dass wir nicht nur teilen,
weil es ökonomisch sinnvoll ist
oder um unser Gewissen zu entlasten,
sondern weil wir lieben
und weil wir uns selbst im andern
wiederfinden.
Ich hoffe,
dass wir das Interesse an Waffen verlieren
und statt dessen angezogen werden
von unserem gegenseitigen inneren Reichtum.
Ich hoffe, dass es einen Nobelpreis für die Hoffnung gibt
und Auszeichnungen für den Mut,
nicht mehr zu kämpfen;
dass die Liebe als Stärke
und nicht als Schwäche verstanden
wird.
Ich hoffe
auf eine größere Einsicht in mich selbst.
Ich will mich besser verstehen,
besonders da, wo ich mich selbst noch täusche
und mir etwas vormache.
Grafik: Wanderstock und kaputte Wanderschuhe auf farnbewachsenem
Baumstumpf
Ich hoffe auf eine Zeit,
in der jeder Mensch
die Gottesebenbildlichkeit im andern erkennt
und hilft, sie freizusetzen.
Ich bin nur soweit berechtigt,
über Hoffnung zu reden,
wie ich bereit bin, meine Worte mit Leben zu füllen,
für die Hoffnung einzustehen
und den Preis zu zahlen.
Sonst ist die Hoffnung nur eine billige Haltung,
die aus leeren Worten besteht.
Ohne Einsatz ist sie eine Theorie ohne
Biss.
Ich hoffe,
aber ich will auch handeln.
Ich hoffe,
aber ich will auch kritisch denken.
Ich hoffe,
aber ich will auch Entscheidungen treffen.
Ich hoffe,
aber ich will mich auch aussetzen.
Ich hoffe,
aber ich will auch wagen.
Mit diesen schönen Vorsätzen wünschen wir Euch ein gutes Neujahr und hoffen, dass einiges davon gelingt.
die Verantwortlichen der Blindenfreizeiten