Wandern in Innichen / Südtirol vom 15. bis 22. September 1993
Bei der Bergwanderwoche in Innichen war es das erste Mal, daß ich blinden Menschen begegnet bin. Es überraschte mich, wie unkompliziert alle auf mich zukamen und sich vorstellten. Ich hatte noch nie so eine herzliche Begrüßung erlebt. Am nächsten Tag fühlte man sich in der Gruppe so, als ob man alle schon lange kennt. Dadurch, daß ich mit einer blinden Frau das Zimmer teilen durfte, bekam ich einen Einblick in ihr alltägliches Leben, in das wir uns schwer hineinversetzen können.Mir fiel auf, daß für sie vor allem die mündliche Verständigung und der körperliche Kontakt wichtig ist, was für mich ungewohnt war. Beim gemeinsamen Betasten des Zimmers gefiel mir, wie aufmerksam sie sich alles ins Gedächtnis einzuprägen versuchten. Ich war auch bei jeder Wanderung über die Ausdauer und den frohen Lebensmut der sehbehinderten Teilnehmer erstaunt.
Am meisten beeindruckte mich die Hilfsbereitschaft von allen, fast wie von selbst funktionierte das Tischdecken, das Aufräumen, das Abwaschen oder das Abtrocknen. Ohne Zwang hatte jeder eine kleine Aufgabe. Obwohl ich anfangs noch etwas unsicher war und unerfahren, fühlte ich mich sehr bald wohl in der lockeren, fröhlichen Gemeinschaft. In dieser Woche konnte ich besonders von den blinden Teilnehmern viel lernen und von dem GEIST in dieser Gemeinsamkeit (wie es unser Leiter einmal nannte) werde ich bestimmt noch lange dankbar zehren.