Tandemfreizeit in Holland vom 18. bis 27. August 1993
Im März dieses Jahres fiel mir durch Zufall ein Prospekt mit dem Aufdruck "freiwillige Sommereinsätze" in die Hand. Ich blätterte es durch, fand es sehr interessant und ich wurde neugierig. Zwei Wochen von meinem Urlaub waren noch nicht verplant. Kurzum, ich entschloß mich, mich für diese Blindenfreizeit anzumelden. Prompt wurde mir für die Freizeit in Holland ein Platz reserviert. Die Zeit rückte näher und zu meiner Vorfreude traten jetzt auch einige Zweifel auf. Vielleicht wird es doch nicht so einfach wie ich es mir vorgestellt habe.All diese Fragen wurden mir am Dienstag den 18.08. beantwortet, als ich am Treffpunkt in Linz Hbf. ankam. Wer nie mit Blinden zu tun hatte, so wie ich, kann sich kaum vorstellen, daß der Umgang mit ihnen so einfach und selbstverständlich ist, wie mit jedem anderen Mitmenschen. Als ich am nächsten Tag in Middelburg sah, daß sich schon viele der Teilnehmer kannten, fühlte ich mich momentan ein wenig im Abseits. Doch dies dauerte nicht lange und ich war wieder gut gelaunt. Es war ein schöner, heißer Sommertag und ich freute mich auf das Kommende. Es waren nun alle Teilnehmer versammelt. Wir suchten unsere Jugendherberge, wo wir von Marianne, unserer Köchin, mit einer guten Mahlzeit begrüßt wurden.
Franz zeigte jedem Blinden die kleinen Hindernisse, die es in der Jugendherberge gab, z.Bsp. den Wasserschlauch. Es war erstaunlich, wie schnell sich die Blinden in dieser neuen Umgebung zurechtfanden.So, unser Ziel war erreicht und nun lag es an uns, was wir aus diesen 10 Tagen machten. Von Dienstag bis Samstag hatten wir Badewetter, was wir auch neben den täglichen Radtouren fest ausnutzten. Das Meer dort ist wunderschön.
Jeden Abend fand sich eine kleine Gruppe, die noch einen Strandspaziergang machte. Bei solch kleinen Wanderungen lernte man viele erst besser kennen. Am Sonntag besichtigten wir ein Rammschiff. Es war für mich genauso interessant, wie für die Blinden, die ihre Eindrücke durch Tasten und Anfassen gewannen, z.Bsp. unser Holger.Meinen Respekt auch für jeden Hintermann am Tandem. Ich wollte es einmal ausprobieren und fuhr mit geschlossenen Augen mit Sonja (sehend) Tandem. Ich war heilfroh, als ich wieder absteigen und meine Augen öffnen durfte. Ich hatte während der Fahrt ständig das Gefühl, daß wir umfallen, anfahren oder sonst einen Unfall bauen würden. Abends saßen wir beisammen, lachten, tanzten und ab und zu sang uns Margot ein Lied wie "Grüne Bohnen" vor. Heinz stellte sein Talent zur Schau und imitierte Altbundespräsident Dr. Rudolf Kirchschläger, Luis Trenker und sogar den Heiligen Vater. Zusätzlich hörten wir noch fast jeden Abend Live Musik von Ute und Heinz. Der Spruch "Andere Länder, andere Sitten" traf bei Franz genau zu. Er hatte keine Landkarte, um uns zu führen, er orientierte sich nach den Kirchtürmen der Halbinsel, die er sehr gut kannte.
Viel zu schnell verging diese Zeit und der Tag der Abreise war da. Den Abschluß der Woche bildete der bunte Abend, an dem noch Preise und Auszeichnungen vergeben wurden. Für mich war diese Woche ein wunderbares Erlebnis. Ich lernte neben einem neuen Land, eine besonders starke Gemeinschaft und viele neue Erfahrungen und Werte kennen. Ich möchte allen Teilnehmern auf diesem Weg noch einmal ein herzliches Dankeschön sagen, besonders Marianne, Joep, Franz und Toni, die ich sehr, sehr schätze.
Oberösterreich