Tandemwoche in Gerasdorf bei Wien vom 18. bis 25. Juli 2015
Karl hat gerufen und wir sind gekommen - zu einer Tandemwoche ins Weinviertel/NÖ. Alle TeilnehmerInnen - die Blinden in Blindenschrift - erhielten Anfang der Woche einen Wochenplan mit Tourenbeschreibungen, Ankündigungen diverser Schloss- und Museumsbesuche, Abendprogramm sowie Kilometerangabe und Angabe der Höhenmeter.
Seit 1996 bin ich bei den Blindenfreizeiten dabei, noch nie war eine Woche so heiß - Tagestemperaturen nie unter 30 Grad. Die Radtouren hatten eine Länge von 40 bis 68 km/Tag. Im Laufe der Woche galt es 30 bis 330 Höhenmeter zu überwinden. Die Angaben sind halb so schlimm, schließlich hat man am Tandem die doppelte Energie zur Verfügung - es sind stets zwei Personen gemeinsam am Weg.
Begonnen haben wir mit der Kreuttaltour, sie war leicht hügelig und sehr heiß an diesem Tag. Unterbrochen wurde sie von einem Stopp im Schloss Wolkersdorf. Es erwarteten uns kühle Innenräume mit dicken Mauern sowie eine Führung, gespickt mit Elementen zum Ertasten und Erfühlen - Hüte und Stofftüchlein aus damaligen Zeiten und unterschiedlichste Mauerelemente aus den vergangenen mindestens 800 Jahren. Schließlich landeten wir bei zwei verschiedenen Heurigen, dank moderner Kommunikation sowie der Anwesenheit von Einheimischen in beiden Gruppen war dies kein Problem. Abends bekamen wir eine Abkühlung verpasst, nein, kein Regen, sondern wir fuhren mit einem alten offenen Feuerwehrbus ein paar Kilometer zum Heurigen. Der Fahrtwind tat uns allen gut!
Die Woche wurde durch einen Tagesausflug nach Wien geteilt, wohlgemerkt per Bus und U-Bahn. Wir haben drei sehr schöne Kirchen besucht, eine Tour durch die Hinterhöfe im 1. Bezirk gemacht sowie einen würdigen Schlusspunkt beim Stephansdom gesetzt. Echter und unechter Marmor, Ornamente bei Kirchensitzbänken sowie ein Modell vom Stephansdom konnte von uns allen befühlt und "begriffen" werden. Abgerundet wurde dieser Tag durch einen Besuch im Wachsfigurenkabinett im Wiener Wurstelprater. Albert Einstein, Hermann Maier und Co. durften sogar im Gesicht berührt werden. Für Blinde und Sehende ein abwechslungsreicher und sehr gelungener Ausflug.
Donnerstagabends gab es eine Lesung von Wiener Gedichten und Texten, aufgelockert mit einer sehr schönen Darbietung bekannter Wiener Lieder, einige im Publikum konnten sogar mitsingen. Frau Christine Frey, Frau Ilse Grundacker und Herrn Jimi Ivan haben wir diesen gelungenen Abend zu verdanken.
Jede Blindenfreizeit wird Freitagabends mit einem Rückblick, Ehrungen sowie dem Überreichen kleiner Aufmerksamkeiten für besonders fleißige Hände beendet. Gerlinde hat sich schon lange im Vorfeld Gedanken gemacht, wie dieser Abend gelingen kann. Karl hat ein Tandem aus Holz von ihr bekommen.
Es war eine wunderschöne Woche, danke Karl!! Eine supernette Gruppe, die älteste Teilnehmerin 87 Jahre, die jüngste 35 Jahre.
Sonja St., sehend