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zur Navigation Inhalt überspringen Wandern in Innichen - 2000

Eintauchen in eine fremde Welt

Je näher der Beginn dieser Woche heranrückte, desto größer wurden meine Zweifel:
"Soll ich nicht doch lieber absagen und diese Woche zum Lernen für meine Prüfung Mitte Oktober nutzen? Wie werden sie mich aufnehmen in der Wandergruppe als jüngstes Mitglied?"

Ich habe mich aber nicht davon abbringen lassen und mich Samstag früh auf die Reise begeben. Franz hat mich in Wels vom Bahnhof abgeholt. Als er mir beim ersten Händedruck sogleich das Duwort anbot, bekam meine innere Mauer schon Risse. Kaum waren wir in Innichen angekommen, ist mein Schutzwall immer poröser geworden. Geschwind habe ich meine Sachen in meinem Zuhause für die nächste Woche verstaut und bin danach auf leisen Pfoten in den Aufenthaltsraum geschlichen. Plötzlich Stimmen im Stiegenhaus - die Zugfahrer waren angekommen. Immer mehr fremde Gesichter tauchten auf. Doch vom ersten Zusammentreffen bis zum Ende der Woche wurde mir das wunderschöne Gefühl vermittelt, dass ich Teil der Gruppe bin. Kein Können, kein Wissen musste zur Schau gestellt werden, gleichgültig wie gescheit oder dumm, schön oder "schiach" ich bin, ich gehör(t)e einfach dazu.

Ein Thema beim ersten Treffen war der Gottesdienst am gleichen Abend. Ich dachte mir: "Oh Gott, jetzt muss ich da sicher mitgehen. Werde ich morgen schief angeschaut, wenn ich nicht dabei war?" Keine/r musste mitgehen. Angeschaut wurde ich von der ersten bis zur letzten Sekunde als Sonja, eine 26-jährige Jus-Studentin, die Freude am Bergsteigen sucht und neue Erfahrungen mit Blinden machen will. Gleichgültig was man oder an wen man glaubt, man ist und bleibt Teil der Gruppe.

Bereut habe ich das Mitgehen keine Sekunde, neue Kraft und Energie aus dieser Woche werden mir auch helfen meine Prüfung zu bestehen. Auf ein baldiges Wiedersehen!

Sonja, sehend