Bergsteigen in Toblach / Südtirol vom 12. bis 19. September 2015
Die Anmeldung als Begleiter für die Blindenwanderwoche in Toblach brachte mich in vielerlei Hinsicht in neue, mir unbekannte Situationen. Eine Woche früh aufstehen und einen Artikel für eine Blindenzeitschrift schreiben gehört nicht zum typischen Alltag eines Studenten - wobei letzteres eher durch meinen ungünstigen Sitzplatz beim Abendessen gegenüber von Edith als durch meine Anmeldung verschuldet ist.
Nicht neu hingegen war für mich der Umgang mit Blinden, den ich während des Zivildiensts bereits kennenlernen durfte. Obwohl ich bei früheren Verwandtschaftstreffen von meinem Onkel Franz Fotos dieser Wanderungen zu sehen bekam, konnte ich mir schwer vorstellen, wie es ist mit Blinden zu wandern. Auf Forstwegen zu gehen ja, aber Steinfelder zu durchqueren, fußbreite Steigabschnitte zu begehen und Kamine hochzuklettern weniger. Nach dieser Woche kann ich behaupten ich war und bin sehr beeindruckt, welche Touren wir zusammen bestritten. Durch die einfache Berührung des Begleiter-Rucksacks, durch Konzentration und den einen oder anderen Warnhinweis des Vorgängers meisterten wir mehr als 6000 Höhenmeter ohne nennenswerte Zwischenfälle. Im Laufe der Woche lernte ich, dass auch die meisten Warnhinweise überflüssig waren. Nicht zuletzt durch Rikki, die am Beginn unserer ersten gemeinsamen Wanderung scherzhaft zu mir sagte: "Ich habe dich die letzten Tage gehört, du redest mir zu viel!" Man kann sich vorstellen, dass wir danach beide einen sehr ruhigen Tag miteinander verbrachten.
Das Wandern im Gesamten empfand ich als sehr angenehm. Vom Geh-Tempo über die netten Leute und die Unterhaltungen mit ihnen bis hin zu den sehr gut ausgewählten Touren war es eine entspannende Woche für mich. Manchmal vergaß ich beinahe, dass ich mit Blinden unterwegs war. So kam es, dass ich gelegentlich meinen Wanderpartner stehen ließ, wie auch Rainer, der sich bei kurzen Stehpausen mal gerne die Hände in den Hosentaschen wärmte. Das war ihm allerdings nicht zu verdenken, da es für die Jahreszeit bereits ziemlich kühl war. Bis auf einen eher verregneten Tag hatten wir dennoch Wetterglück und sind immer gut "durchigschloffen" - wie man scheinbar als Bergsteiger sagt.
Neben den schönen Wanderungen und den unterhaltsamen Abenden rundete die bewährte Unterkunft im Hotel Stauder diese gelungene Woche ab. Unbeirrt von unseren Extrawünschen wurden wir kulinarisch verwöhnt, sodass trotz der vielen Bewegung meine geplante "Abnehm-Woche" zu einer "Zunehm-Woche" wurde. Zahlen dazu werden vom Autor an dieser Stelle nicht genannt. Abschließend möchte ich mich bei allen, die dabei waren, für diese Erfahrung bedanken und hoffe auf eine Wiedersehen in den nächsten Jahren!
Alles Gute! Benjamin H., sehend